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Eine feste Größe

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100 JAHRE VEREIN FÜR DEUTSCHE WACHTELHUNDE:
Ein Jahrhundert Reinzucht des Deutschen Wachtels – für die Vereinsmitglieder nicht nur ein Grund zum Feiern und auf Erreichtes zurückzublicken. Der VDW sieht optimistisch in die Zukunft, ist er doch einer der größten Zuchtvereine in Deutschland.

 

Von Markus Wörmann

Etwa 3 800 Mitglieder im Verein für Deutsche Wachtelhunde (VDW) – das spricht für sich. Mit einem solchen Zulauf hätten die 18 Gründungsväter wohl kaum gerechnet, als sie „Am Tage Hubertus 1903“ den Deutschen Wachtelhundklub in München aus der Taufe hoben.

Die Masse hat keine Ahnung von der Materie

Um die Erfolgsgeschichte des einzigen deutschen Stöberhundes zu feiern, hatte der VDW am 8. Mai in den Chiemgau geladen. Zu Füßen des Schlosses Hohenaschau versammelten sich zur Festveranstaltung mehr als 550 Wachtelfreunde und Ehrengäste. Darunter der Präsident des Bayerischen Landesjagdverbandes, Prof. Jürgen Vocke, der selbst lange Jahre einen Wachtel führte. Er warnte eindringlich davor, die Jagd „auf kaltem Wege“ auszuhebeln, indem man die Ausbildung der Jagdgebrauchshunde im Grunde unmöglich mache. Problematisch sei in diesem Zusammenhang, dass die absolute Masse keine Ahnung von der Materie habe, erklärte LJV-Präsident Vocke. „Und so, wie es die Grünen verpacken, müssen wir höllisch aufpassen.“ Jürgen Vocke kam nicht umhin, auch auf die bayerischen Angelegenheiten einzugehen. Denn selbst im Freistaat werden die Schäden durch das Schwarzwild in vielen Regionen immer mehr zum Problem, so dass auch den Wachtel in Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen würde.

Auf die Betreuung der abgegebenen Welpen wird großen Wert gelegt

Hans-Heinrich Hemme, seit 1996 Vorsitzender des Vereins für Deutsche Wachtelhunde, sieht im wachsenden Einsatz bei Bewegungsjagden auf Schalenwild die Zukunft des Deutsch Wachtels. Neben der Wiedervereinigung hat die vermehrte Verwendung des Stöberers in den letzten 25 Jahren bereits die Mitgliederzahlen der Wachtelfreunde von damals etwa 1 000 auf heute 3 800 in die Höhe schnellen lassen. Wobei die Marke von 4 000 Vereinsmitgliedern in greifbare Nähe zu rücken scheint. „In den letzten Jahren hat man sich sehr viel mehr darum bemüht, die Käufer von Wachtelwelpen als Mitglieder zu gewinnen“, erklärt Hemme die Entwicklung. Überhaupt wird im VDW großen Wert auf die Betreuung der abgegebenen Welpen und deren Besitzer gelegt – sei es von Seiten der Züchter selbst oder durch die Landesgruppen. 70 Prozent abgelegte Jugendprüfungen der Vorjahreswürfe belegen die offensive Arbeit derer, die den Wachtel auch weiterhin im Wald und nicht auf dem Sofa sehen wollen. Einige Landesgruppen motivieren sogar über 80 Prozent der Hundeführer, mit jungen Wachtel die Anlageprüfung zu absolvieren, lobt Vorsitzender Hemme die ehrenamtliche Arbeit vor Ort.

„Stöberhund am Strick und auf zur Jagd“

Befürchtungen, der DW könnte zum „jagdlichen Modehund“ werden, standen aber auch in Aschau im Raum. „Ich glaube schon, dass ein Teil unserer Klientel diesen Hund als Eintrittskarte für Bewegungsjagden haben will“, formuliert Hans-Heinrich Hemme seine Sicht der Dinge. Dies sei aber zur Zeit sicher nicht die Mehrzahl – eher Einzelfälle. Er glaubt vielmehr, dass der Trend „Stöberhund am Strick und auf zur Jagd“, der Anfang bis Mitte der 90er einsetzte, im Momemt abebbt. Der Verein sieht darin die ersten Früchte seiner Bemühungen. Mit Züchtern, die bei einem Welpenkauf eine Jagdvermittlung in Aussicht stellen, suchen die Verantwortlichen ebenfalls das Gespräch, damit es im „züchterischen Wettbewerb“ auch weiterhin um den Wachtel geht. Letztendlich könne man es aber nicht verbieten, resümiert Hemme. Mit 941 Welpen im Zuchtjahr 2003 hat der Verein für Deutsche Wachtelhunde ein Rekordergebnis erzielt. Wie viele Mitglieder hält auch der Vorsitzende 800 Welpen im Jahr für ausreichend, um den Bedarf an brauchbaren Stöberhunden im Inland zu decken und einen geregelten Zuchtaustausch mit den befreundeten Vereinen aus der Schweiz, Österreich, Slovenien, Schweden und der Tschechischen Republik zu garantieren.

Die alte Zuchtstrategie „Braune“ und „Braunschimmel“ in getrennten Stämmen zu züchten, wird nach dem Willen der Hauptversammlung auch weiterhin Ziel des Vereins bleiben. „Seit einigen Jahren ist vereinsintern eine Diskussion im Gange“, erklärt der Vorsitzende, „diese alte Trennung weitestgehend aufzuheben und es dem freien Spiel zu überlassen.“ Dieser Personenkreis sei der Meinung, darauf achten zu müssen, dass der Verein in der Zuchtbasis nicht zu eng werde. Für die Trennung waren die in den Anfängen festgestellten unterschiedlichen Eigenschaften ursächlich. So sei der Braunschimmel ein weiter jagender Hund gewesen als der ruhigere Braune. „Der Hauptgrund war aber, dass es doch eine relativ schmale Zuchtbasis war“, erklärt Hemme. Deshalb seien zwei Stämme parallel gezüchtet worden, um bei Bedarf auf den einen oder anderen zurückgreifen zu können. Beispielsweise sei in den 50er Jahren der mangelnde Laut der Braunen durch die Hinzunahme von Braunschimmeln behoben worden. Resultat ist heute, dass der Laut eines der hervorstechendsten Merkmale der Wachtelhunde ist. „Damit hat man natürlich auch die Eigenschaften der unterschiedlichen Schläge verwischt“, erklärt der Vorsitzende des VDW. Man könne daher heute kaum noch sagen, dass der eine Zwinger eher kurzjagende Hunde züchte, während der andere vornehmlich Weitjager hervorbringe. Das sei auch so gewollt. „Letztlich züchten wir eine Rasse und bewerten diese auch auf Prüfungen einheitlich“, bringt es Hans-Heinrich Hemme auf den Punkt.

Die Vereinsgeschichte in Buchform

Ein Höhepunkt der sonntäglichen Festveranstaltung in der Festhalle Aschau, einer ehemaligen Reithalle der Familie von Cramer-Klett, war der Vortrag des früheren Vereinsobmannes Siegfried Sassenhagen. Er hat dem Verein für Deutsche Wachtelhunde von 1964 bis 1996 vorgestanden und somit mehr als 30 Jahre die Geschicke in der Hand gehabt. Von den Gründungsmomenten im Jahre 1903 bis zum heutigen Tage hat der Ehrenvorsitzende die Geschichte „seines“ Vereins in mühevoller, zeitaufwändiger Arbeit in einem Buch zusammengefasst, das pünktlich zur 100-Jahr-Feier präsentiert werden konnte. Auf den 140 Seiten, die der Autor „Spurensuche in der Vereinsgeschichte“ titulierte, finden herausragende Deutsche Wachtelhunde genauso ihre Erwähnung, wie diejenigen Personen, die den VDW in den letzten 100 Jahren maßgeblich geprägt haben. Dabei vergisst der Autor nicht, die zeitgeschichtlichen Aspekte wie Krieg, Not, Aufbau, Trennung und Wiedervereinigung einfließen zu lassen. „So kann das Buch gerade den jüngeren Mitgliedern Fragen beantworten, die man im Zeitverständnis sehen muss“, lobt der jetzige Vorsitzende Hemme das Werk seines Vorgängers.

Als besonderen Ehrengast hatte die Landesgruppe Oberbayern die Tochter des „Wachtelvaters“ Rudolf Frieß, Erika Angerer, nach Aschau eingeladen. Sie ist die einzige noch lebende Nachfahrin des berühmten Autors zahlreicher Jagd(hunde)bücher und Publikationen in Fachzeitschriften. Rudolf Frieß wird noch heute von den Wachtelfreunden zutiefst verehrt. Siegfried Sassenhagen stellt dazu fest, dass wohl niemand für den Deutschen Wachtelhund von größerer Bedeutung war und sein wird, als R.F., wie der Altmeister genannt wird.

Der Vorstand des Vereins für Deutsche Wachtelhunde wurde in großen Teilen in seinen Ämtern bestätigt. Einzig Roland Bodenstab übernahm die Nachfolge von Dr. Dieter Taschenberger als Prüfungswart-Stellvertreter. Taschenberger wurde für seine Verdienste, insbesondere bei der Vereinigung der beiden deutschen Wachtelvereine Anfang der 90er Jahre mit der Ehrenmitgliedschaft des VDW ausgezeichnet.

Als Ziel für die nächsten 100 Jahre definiert Hemme, weiterhin Hunde von Jägern für Jäger züchten zu wollen: „Denn wir sind gut damit gefahren!“

 

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